Montag, 13. Dezember 2004

K. oder nicht K.

Zu den wirklich bedauerlichen Umständen gehört, dass der K. mir so gar nicht gefällt. Ich bin ein bißchen ärgerlich mit ihm - wäre er nur ein wenig anziehender, so würde ich mir den K. ernsthaft überlegen. Würde er sich wiederum nicht so nett bemühen, dann täte es mir nicht leid. Die Kombination von reizender Werbung und unüberwindlicher Abneigung...so etwas sollte verboten sein.

Gestern nachmittag zum Beispiel ruft der K. an, er sei zufällig bei mir um die Ecke. Hätte er einfach geklingelt, wäre ich mir ein bißchen verfolgt vorgekommen. Aber so...

Jedenfalls kommt der K. die Treppe hochgelaufen, erwartungsfrohes Lächeln, aber keine Umarmung. Eine einzelne Amaryllis statt eines üppigen Straußes, dessen Annahme irgendwie verpflichtend wirkt und schon deswegen nicht richtig Freude macht.

K. lobt meinen Tee, und gibt sich offenkundige Mühe zu gefallen. Spürbare Anstrengung hat man eigentlich nicht gern - bei K. wirkt die Unbeholfenheit aber immerhin ganz reizend. Er spricht über Botho Strauß und die Gotik, imitiert die Klavierlehrerin seiner jüngsten Schwester, und bricht, als er einmal auf die Politik kommt, auf der Stelle ab: Frauen interessieren sich nicht für Politik, wie man ihm erzählt hat. Die Blicke werden länger, er wechselt die Themen und spricht über Familie und Glaube. Als ich leichte Anzeichen von Unbehagen erkennen lasse, wechselt er wiederum und preist die mit gebratenem Geflügel verbundenen Freuden.

Nach einer nicht unangenehmen Gesprächspause kommt er auf den Vorfall von letzter Woche. Es sei, sagt er, alles andere als ein Mangel an Respekt. Ich dürfe nicht denken, er halte mich für - leichtlebig.

Süß!, denke ich. In diesem gescheitelten Köpfchen ist die Welt der leichtlebigen Frauenzimmer und ihrer feschen Verehrer noch Realität. Auf meinem Sofa sitzt ein sprechendes Fossil. Wenn mich aber diese groteske Weltanschauung mehr rührt als ärgert, denke ich weiter, könnte ich nicht vielleicht wirklich zumindest ein wenig in den K. verliebt sein?

Ich wäre ganz gerne in K. verliebt, es würde mindestens die Hälfte aller meiner tatsächlichen und eingebildeten Probleme auf der Stelle lösen. Aber schon die Vorstellung, den K. auf den Mund zu küssen, erscheint mir so abwegig, wie ein Kuss mit dem Mann, der die Zigaretten verkauft. Wenn der K. seine Hand auf meinen Unterarm legt, bekomme ich Gänsehaut.

Keinesfalls verliebt. Soviel ist sicher. Aber wenn es möglich wäre, mittels eines Medikaments augenblicklich in ein Objekt eigener Wahl verliebt zu sein, würde ich es derzeit sogar privat bezahlen.


Benutzer-Status

Du bist nicht angemeldet.

Neuzugänge

nicht schenken
Eine Gießkanne in Hundeform, ehrlich, das ist halt...
[Josef Mühlbacher - 6. Nov., 11:02 Uhr]
Umzug
So ganz zum Schluss noch einmal in der alten Wohnung auf den Dielen sitzen....
[Modeste - 6. Apr., 15:40 Uhr]
wieder einmal
ein fall von größter übereinstimmung zwischen sehen...
[erphschwester - 2. Apr., 14:33 Uhr]
Leute an Nachbartischen...
Leute an Nachbartischen hatten das erste Gericht von...
[Modeste - 1. Apr., 22:44 Uhr]
Allen Gewalten zum Trotz...
Andere Leute wären essen gegangen. Oder hätten im Ofen eine Lammkeule geschmort....
[Modeste - 1. Apr., 22:41 Uhr]
Über diesen Tip freue...
Über diesen Tip freue ich mich sehr. Als Weggezogene...
[montez - 1. Apr., 16:42 Uhr]
Osmans Töchter
Die Berliner Türken gehören zu Westberlin wie das Strandbad Wannsee oder Harald...
[Modeste - 30. Mär., 17:16 Uhr]
Ich wäre an sich nicht...
Ich wäre an sich nicht uninteressiert, nehme aber an,...
[Modeste - 30. Mär., 15:25 Uhr]

Komplimente und Geschenke

Last year's Modeste

Über Bücher

Suche

 

Status

Online seit 7479 Tagen

Letzte Aktualisierung:
15. Jul. 2021, 2:01 Uhr

kostenloser Counter

Bewegte Bilder
Essais
Familienalbum
Kleine Freuden
Liebe Freunde
Nora
Schnipsel
Tagebuchbloggen
Über Bücher
Über Essen
Über Liebe
Über Maschinen
Über Nichts
Über öffentliche Angelegenheiten
Über Träume
Über Übergewicht
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
development