Reisen
Es gibt eine Reiseführer-Reihe, die heißt "Richtig Reisen", und jedesmal, wenn ich bei Dussmann davor stehe, schäme ich mich kurz - sehr kurz, nicht länger als ein Wimpernschlag - für den, der sich diesen Namen ausgedacht hat. "Richtig Reisen" ist der absurdeste Reiseführertitel überhaupt, diese schlecht verhohlene Angst, man könne vielleicht etwas falsch machen, gepaart mit verkniffenen Überlegenheitsgefühlen gegenüber allen anderen Leuten, die ganz sicher etwas falsch machen, halbnackt mit einem Eis in der Hand Kirchen heimsuchen zum Beispiel, Handtücher zu Reservierungszwecken auf Liegen legen und All-Inklusive-Hotels in Antalya buchen. Der Wunsch nach "Richtig Reisen" gehört, so scheint es mir, zu den Distinktionsmerkmalen älterer Lehrer in Abgrenzung zu denjenigen Eltern ihrer Schüler, die ihnen unsympathisch sind.
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Jüngere Menschen, die ich kenne, gehen mit der Last, richtig zu reisen, deutlich diskreter um als die vorgenannten alten Lehrer. Wann immer möglich, behauptet der jüngere Mensch, er besuche vor Ort irgendwelche Leute. Das segnet dann auch Urlaubsorte ab, die der Reisende selbst als irgendwie unpassend empfindet. Die Westtürkei etwa. Ibiza. Der Besuch mag nur ein paar Stunden dauern, es mag sich um ein Kaffeetrinken handeln oder einen Drink an einer Hotelbar, aber einfach so mag offenbar keiner irgendwo hingefahren sein.
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Der geheime Wunsch aller Reisenden ist es natürlich, so Reporter-Tim-haft irgendwo hinzufahren, also absichtslos in Ereignisse hineingezogen zu werden, die automatisch spektakuläre Ortsveränderungen auslösen (Nepal! Bordurien! Der Mond!), abseits einer Erlebnisse simulierenden Erlebnisindustrie jede Menge zu erleben, alles sieht super aus, und am Ende schreibt man auf den Frontblättern der Zeitungen darüber und erntet unsterblichen Ruhm.